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Wo die Bälle heilig sind

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Laufschuhe auch bei den Ballkünstlern: Man will ja weich gefedert sein.
Mit Schwung vor Giraffen, Geparden und Gänsen: Spieler des 30-Stunden-Turniers in Bassersdorf.
Soll keiner sagen, nur die Jungen bzw. Fussballer mögens tätowiert.

Die Diskussion ist angeregt. «Der läuft dann aber auf der 16», sagt der eine. Der andere verneint und fragt: «Glaubst du mir etwa nicht?» – «Doch doch, dir glaube ich alles.» Die zwei Männer lachen. Es geht um Bälle, die Schätze der Minigolfer. Der eine der beiden ist Bruno Kündig, Präsident des Minigolfclubs Kloten. Der andere ist Oberschiedsrichter. Sie könnten stundenlang über Bälle sprechen.

Im Sportzentrum Grindel in Bassersdorf wird an diesem Wochenende Minigolf gespielt. Um 7 Uhr geht es los in der mit Pflanzen und Steinen geschmückten Halle, ein bisschen Outdoor-Flair darf sein. Eine Wand zeigt eine Dinosaurier-Landschaft, die gegenüber eine afrikanische Savanne. Gemalte Elefanten und Geparde beobachten die Spieler von dort, und die offenen Fenster machen die Luft, die im Verlauf der nächsten Stunden stickiger wird, etwas angenehmer.

Nicht nur die für einen Samstagmorgen grosse Anzahl an Spielern lässt erahnen, dass sich hier nicht einfach ein paar Pläuschler treffen. Da stehen Campingstühle an der Dino-Wand, liegen Matratzen mit Schlafsäcken. Bis am Sonntag um 13 Uhr werden Zweierteams die 18 Bahnen bespielen, 30 Stunden am Stück, oft abwechselnd, damit der Partner hier oder auf dem Squash-Court nebenan ein Nickerchen machen kann. Dann muss die Anlage freigegeben werden, für die Familienausflügler und Frischverliebten. Die «Volksspieler», wie Kündig sie nennt.

Sie kommen von überall her

Der Minigolf-Marathon wird zum 37. oder 38. Mal ausgetragen, Kündig ist sich da nicht mehr sicher. Er fragt bei Heinz Ertl aus Österreich nach. 37 sind es, Ertl muss es wissen. Er ist Rekordspieler, hat hier noch nie gefehlt. Während Kündig das erzählt, ist hinter ihm höchstens mal ein energisches «Yes!» oder ein genervtes «Gopfertami!» zu hören. Die Konzentration ist so hoch, dass es nie richtig laut wird. Obwohl 34 Paare da sind. Sie kommen aus der ganzen Schweiz, aus Burgdorf, Amriswil, Effretikon. Doch auch aus dem Ausland sind sie da, Teams aus Italien, Deutschland und Österreich. In den besten Zeiten aber, da waren es noch über 50 Teams, letztes Jahr etwas mehr als 40. Minigolf tut sich schwer mit dem Nachwuchs, nur noch 600 lizenzierte Spieler gibt es landesweit. In anderen Ländern sieht es nicht besser aus. In einem Wiener Verein hätten sie letztes Jahr sieben neue Mitglieder aufgenommen, erzählt Kündig. «Alle alt und uralt.» Auch in Bassersdorf stehen vorwiegend Männer über 50 an den Bahnen.

«Es ist ja auch nicht gut, immer am Alten festzuhalten», sagt Kündig entwaffnend. Er wird dieses Jahr rote Zahlen schreiben, musste darum auch die Siegprämie anpassen. 800 statt 1000 Franken gibt es für das beste Paar, ein Duo aus Effretikon und Burgdorf. Kündig hofft, dass die schwindende Teilnehmerzahl mit dem Datum zu tun hat. Bis im Oktober konnte man noch draussen spielen, die Hallensaison hat gerade erst begonnen.

Die Sucht nach Bällen

Doch ein anderes Geschäft floriert. Beim Eingang der Halle versammeln sich Spieler während ihrer Pausen. Es werden Bälle verkauft, kistenweise, um die zehn Franken kostet einer. Während sich die Bälle bei den «Volksspielern» nur in der Farbe unterscheiden, tun sie es hier in Grösse, Gewicht und Härte. Je nach Bahn eignet sich ein anderer. In der Halle reichen 30 verschiedene, erklärt Kündig, weil Temperatur und Licht stets gleich sind.

Auch Daniel Thrier tigert immer wieder um den Verkaufstisch. Eigentlich ist er dafür zuständig, die Resultate in die online verfügbare Livetabelle zu übertragen. Aber wenn die Verkäufer ihre Tische aufbauen und die Kisten mit den bunten Bällen öffnen, hält es ihn nicht mehr an seinem Arbeitsplatz. Auch heute hat er einige gekauft und von seiner Frau, die daneben Tee und Kaffee ausschenkt, einen strafenden Blick geerntet. «Es macht süchtig», sagt Thrier locker.

Ja, man müsse schon etwas angefressen sein, ergänzt Kündig später. Ein deutscher Kollege präzisiert: «einen an der Pfanne haben». Nebenan, auf Bahn 11, ballt Heinz Ertl die Faust, ein Ass! Auch wenn es nicht zum Sieg reicht: Der Rekordhalter wird seine Faust an diesem Wochenende noch oft in die Höhe strecken. Und er wird auch nächstes Jahr da sein. Solange es den Minigolf-Marathon gibt.